Ich wohne in einer der wundervollsten Städte der Welt! Sie hat auch einen ganz besonderen Namen: Pokrowsk. Das bedeutet, dass sie unter dem Schutz der Jungfrau Maria steht.

Diese kleine Bergbaustadt im Osten der Ukraine ist in Grün und Rosen gebettet, im Stadtpark spielen ausgelassen Kinder und spazieren fröhliche Fußgänger, und über allem wacht majestätisch die riesige Kohlehalde, das Wahrzeichen der Stadt. Pokrowsk ist eine saubere, gemütliche und adrette Stadt im ukrainischen Donbass. Von fleißigen Menschen besiedelt, werden hier Kohle gefördert, Metall geschmiedet und Kohlegruben gebaut. Hier liebt man die Mutter Ukraine und ist stolz auf sein Land.

Ich heiße Uljana und gehe aufs Gymnasium. Meine Klasse ist super, wir sind lustig und ziehen immer an einem Strang. Wir hecken immer etwas aus und nehmen an Spielen und verschiedenen Wettbewerben teil. Und noch etwas: Ich bin angehende Journalistin und lerne die Grundlagen des Fernsehens in der örtlichen Fernsehanstalt „Orbita“. Ich mache Interviews, lerne Texte zu schreiben und Filme zu schneiden. Meine Familie steht voll hinter mir. Wir versuchen möglichst viel zusammen zu unternehmen. Im Sommer machen wir Ferien am Meer bei Mariupol, und im Winter geht es ins geliebte Swjatogorsk. Das war so vor dem 24. Febraur 2022. Vor Russlands Überfall auf die Ukraine.

Ich werde diesen Tag nie vergessen. Kämpfe in Mariupol, Kämpfe in Swjatogorsk, Tränen und Horror. Meine Eltern und ich mussten fliehen. Wir packten nur das Notwendigste ein und begaben uns auf die Suche nach einem Zufluchtsort im Westen. So hat man mich meiner friedlichen und glücklichen Kindheit beraubt. Für eine Zeitlang fanden wir Zuflucht in Transkarpatien, später in Polen. Dann aber öffnete das gastfreundliche Deutschland uns seine Pforten und wurde für uns zur zweiten Heimat.

Hier lernte ich zum ersten Mal seit Beginn des Krieges wieder lächeln, freute mich jeden neuen Tages. Hier fand ich sehr schnell neue Freunde, hier fühle ich mich geborgen und wohl. Denn das Wichtigste ist doch die Sicherheit! Ich gehe zur Schule, mache meine Hausaufgaben, die Lehrer sind mit meinen Fortschritten in Deutsch zufrieden. Ich treibe Sport, besuche Museen, im Herbst gehen wir mit den Eltern in den Wald Pilze sammeln.

Mir gefällt das Leben in Deutschland. Hier respektiert man jeden Menschen und seine Meinung. Hier ist man für den Frieden und gegen den Krieg. Ich möchte, dass der Krieg, den Russland gegen mein Land angezettelt hat, endlich beendet wird! Man darf keine Menschen töten! Es muss Friede in der Welt herrschen! Ich bin davon überzeugt, dass meine Ukraine dem Krieg ein Ende bereiten wird. Und dass ich nach Hause zurückkehre. In meine wundervolle Stadt, in der der ukrainische Komponist Nikolai Leontowitsch vor vielen Jahren das berühmte Weihnachtslied „Carol of the bells“(„Schtschedrik“) geschaffen hatte."